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Prof. Dr. Georg Pfeffer (17. Januar 1943 – 20. Mai 2020)

Wir gedenken unseres Kollegen, Mentors und engen Freundes, Georg Pfeffer, der am 20. Mai 2020 nach schwerer Krankheit und dennoch plötzlich verstarb.

Nachruf von Roland Hardenberg und Peter Berger, Paideuma (2020)

Würdigung von Peter Berger (Groningen), Mai 2020

 

Pfeffer Andrea Luithle HardenbergFoto: Andrea Luithle-HardenbergWürdigung von Roland Hardenberg (Frobenius-Institut), Mai 2020

 

Georg Pfeffer zählt zu den Ethnologen, die das Fach nicht nur in Deutschland, sondern auch international geprägt haben. Bis zu seinem Tod hat er unermüdlich geschrieben und publiziert, zuletzt zwei Monographien ("Verwandtschaft als Verfassung" [2016] und "Lewis Henry Morgan’s comparisons" [2019]), in denen seine besondere Faszination für unbürokratische Gesellschaftsordnungen und weltweite Vergleiche zum Ausdruck kommen.

Als leidenschaftlicher Lehrer hat Georg Pfeffer über einen Zeitraum von fast 50 Jahren in Freiburg, Heidelberg und Berlin unterrichtet und mehrere Generationen von Ethnologinnen und Ethnologen beeinflusst, von denen heute viele an Universitäten und Forschungseinrichtungen im In- und Ausland tätig sind. Er begeisterte Studierende, weil er sich niemals mit dem common sense zufrieden gab, theoretische Debatten nicht scheute, in seinen Vorlesungen ethnografischen Beschreibungen Leben einhauchte und seine Position mit Nachdruck, aber durchaus selbstkritisch vertrat. Damit war er vielen ein Vorbild, weil er ihnen half, nicht nur die wissenschaftliche Karriere voranzubringen, sondern auch persönlich zu wachsen.

Seine Botschaft an die Studierenden war klar: Der Gegenstand unseres Faches sind die verschiedenen Entwürfe des Mensch-Seins (anthropos) und indem wir in der Ethnologie diese Entwürfe untersuchen, bringen wir unsere Wertschätzung für die Menschen und ihre verschiedenen Kulturen zum Ausdruck.

Die Forschungsregion, in der er dieses Programm mit besonderem Erfolg verwirklichte, war das Hochland von Odisha, Indien. Er erschloss sich diese Region zunächst quasi im Alleingang und später zusammen mit einem großen Team aus deutschen und indischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Über mehrere Dekaden fuhr er fast jährlich zu den Bewohnern dieses Hochlandes. In vielen Publikationen vermittelte er der Welt seine umfassenden Einsichten in die komplexen Gesellschaften von Odisha, deren Bedrohung durch wirtschaftliche, politische und religiöse Interessen er schonungslos offenlegte.

Georg Pfeffer war ein Gelehrter von umfassender Bildung, die weit über sein Fach hinausging. Seine Interessen richteten sich auch auf das politische Zeitgeschehen, auf den Sport sowie auf Literatur, Kunst und Musik. Dies machte ihn mit seiner aus einem bewegten Leben gespeisten Erfahrung zu einem inspirierenden Gesprächspartner und wunderbaren Ratgeber. Davon durften wir als Freunde, Kollegen und auch als Institution insgesamt in den letzten Jahren sehr profitieren. Wir werden seinen wohlwollenden Beistand ebenso vermissen wie seine klugen und humorvollen Fragen und Antworten.

Unsere Anteilnahme gilt seiner Familie,
in tiefer Trauer,

Roland Hardenberg
Direktor Frobenius-Institut für kulturanthropologische Forschung