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Religiöse Ressourcen: Wertschöpfung und Wertkonvertierung von Ressourcen in Zentral- und Südasien

Teilprojekt des SFB 1070 RessourcenKulturen (Tübingen); Förderzeitraum: Oktober 2013 - Juni 2017

Projektleitung: Prof. Dr. Roland Hardenberg;
Projektmitarbeiterinnen: Yanti Hölzchen, Katharina Müller, Lisa Züfle

 

Das Teilprojekt untersucht anhand religiöser Institutionen in Süd- und Zentralasien, welche Mittel nötig sind, um religiöse Gemeinschaften zu schaffen, zu bewahren und zu vergrößern. Es wird gefragt, wie religiöse Institutionen an diese Mittel gelangen und wie sie sie verwenden. Dies lenkt den Blick auf die Dynamiken der Wertschöpfung und Wertkonvertierung von Ressourcen durch religiöse Institutionen, insbesondere auf Prozesse der Sakralisierung bzw. Profanisierung. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht die Frage, wie sich in Süd- und Zentralasien die Bedeutungen und Werte der Ressourcen im Wechsel zwischen religiösen und nicht-religiösen Kontexten verändern. Entsprechend dem SFB-Konzept wird davon ausgegangen, dass diese Konvertierungen maßgeblich von den religiösen Ideen, Werten und Interessen der beteiligten Institutionen und ihrer Akteure abhängig sind. Regional fokussiert das Projekt auf den Großraum Süd- und Zentralasien, wo sich seit Jahrhunderten große religiöse Zentren herausgebildet haben bzw. wo nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion neue religiöse Institutionen entstehen. Es werden Institutionen für Fallstudien ausgewählt, die repräsentativ für drei der bedeutendsten Religionen in diesem Großraum sind:

Fallstudien:
Das Teilprojekt umfasst drei Fallstudien:
1. Die heilige Speise des Jagannatha-Tempels (Orissa/Indien, Lisa Züfle)
2. Neue Moscheen braucht das Land (Kyrgyzstan, Yanti Hölzchen)
3. Die Stiftung Astan e Qods Razawi in der ostiranischen Provinz Khorassan (Iran, Katharina Müller)
Jede Fallstudie ermöglicht die Erforschung eines besonderen Aspektes der Wertschöpfung und Wertkonvertierung von Ressourcen. Die indische Fallstudie zeigt, wie profane Lebensmittel in sakrale Speisen umgewandelt werden, die eine Hauptattraktion für die Pilger des expandierenden Großtempels sind. Im Iran sind es vor allem religiös motivierte Gaben, die von der Stiftung Astan e Qods Razawi nicht nur zum Ausbau des Schreins Imam Rezas, sondern vor allem für profane Unternehmungen wie die Großindustrie eingesetzt werden. Das dritte Beispiel aus Kyrgyzstan vermittelt schließlich, welche Ressourcen überhaupt benötigt werden, um religiöse Institutionen wieder aufzubauen.

Wissenschaftliche Ziele:
Mit diesem Ansatz, der es ermöglicht, das Spezifische wie das Generelle der religiösen Ressourcenkonvertierung in Süd- und Zentralasien aufzudecken, verfolgt das Teilprojekt die folgenden vier eng verbundenen Ziele:

  1. Religiöse Ressourcen zwischen Gemeinschaft und Markt.
    Es soll herausgearbeitet werden, wie in religiösen Institutionen gemeinschaftliche mit marktwirtschaftlichen Interessen verzahnt sind. Damit eröffnet sich ein neuer Blick auf religiöse Ressourcen, der ihre doppelte (marktwirtschaftliche und kulturelle) Natur sowie dialektische Prozesse zum Vorschein bringt.
  2. Religiöses Kapital, religiöse Märkte.
    In Auseinandersetzung mit der "Neokapital-Theorie" soll grundsätzlich gefragt werden, welche konzeptuellen Erweiterungen nötig sind, damit Begriffe aus der modernen Ökonomie wie "Kapital" und "Markt" angemessen die Vorstellungen und Praktiken im Umgang mit religiösen Ressourcen in Süd- und Zentralasien beschreiben.
  3. Konvertierung und Wertschöpfung.
    Es wird nach Formen und Dynamiken der Konvertierung und Wertschöpfung von religiösen Ressourcen in kurz- und langfristigen Transaktionszyklen geforscht. Dabei werden der Einfluss und die Interessen religiöser Institutionen sowie des Staates beachtet.
  4. Ritualökonomie und Alltagsversorgung.
    Ausgehend von Überlegungen zu "ritual economics" soll herausgearbeitet werden, wie die Elemente des alltäglichen Lebensunterhaltes im Ritual in heilige Güter verwandelt werden und wie umgekehrt Rituale etwas Materielles zum alltäglichen Lebensunterhalt beisteuern bzw. die Produktion lebenswichtiger Güter anregen.

Langfristige Planungen
In der ersten Projektphase werden diese Ziele im Rahmen der Untersuchung religiöser Institutionen verfolgt. Der Fokus liegt somit zunächst auf lokalen, formal organisierten Einrichtungen und ihrer Nutzung von Ressourcen. In weiteren Projektphasen soll der Blick stärker auf informelle religiöse Kontexte, insbesondere auf große religiöse Feste und Pilgerschaften, sowie auf transnationale religiöse Beziehungen ausgeweitet werden. Dadurch soll das Spektrum von zentral bis dezentral regulierten religiösen Aktivitäten sowie von lokal bis transnational agierenden Akteuren und Institutionen erfasst werden, um einen Beitrag zur allgemeinen Theorie der "rituellen Ökonomie" und der "religiösen Märkte" zu leisten.

Bedeutung des Teilprojektes für den SFB
Das Teilprojekt fokussiert explizit auf die Konstruktion, Konvertierung und den Einsatz materieller wie nicht-materieller religiöser Ressourcen(-komplexe). Es bietet dem SFB Fallstudien dafür, wie religiöse Vorstellungen einen Bedarf an Ressourcen erzeugen und soziale Einheiten hervorbringen, die diese Ressourcen benötigen, einsetzen und verwalten. Durch die Einbeziehung der wechselseitigen Beziehungen zwischen religiöser und ökonomischer Praxis unter staatlichen sowie marktwirtschaftlichen Bedingungen können wichtige Thesen zu "Kapital", "Konvertierung", "ritueller Ökonomie" und "religiösen Märkten" überprüft und für die Analyse weiterer Fallstudien im SFB weiterentwickelt werden.