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Über die Bewahrung von Schwarzweiß-Fotonegativen im Frobenius-Institut

On the preservation of black-and-white photo negatives at the Frobenius-Institute

 

Das Fotoarchiv des Frobenius-Instituts besteht zum wesentlichen Teil aus den fotografischen Aufnahmen, die von den verschiedenen Expeditionen und Forschungsreisen ab Beginn des 20. Jahrhunderts überliefert sind und die in der überwiegenden Zahl in Form von Schwarzweiß-Negativen vorliegen. Das Sortiment reicht dabei vom Einzelnegativ im Format 13x18 cm über alle möglichen Zwischenformate bis hin zum gewöhnlichen 35mm-Kleinbild, als Träger sind alle während dieses Zeitraums gebräuchlichen Materialien vertreten: Glas, Cellulosenitrat („Nitrofilm“), Celluloseacetat und Polyester. Der Erhaltungszustand der Originale fällt je nach Alter, Beständigkeit des Trägermaterials, der seinerzeit auf die Entwicklung verwendeten Sorgfalt, einer eventuell nachträglich vorgenommenen chemischen Behandlung, und allgemein nach der bisherigen Lagerung und Gebrauchsbeanspruchung sehr unterschiedlich aus.

Grundsätzlich sind alle Fotodokumente einem Degenerierungsprozess unterworfen, auch wenn dieser in der Regel relativ langsam verläuft. Zum einen wirkt das Frobenius-Institut dem entgegen, indem es über den Betrieb einer Klimakammer vorteilhafte Bedingungen für die Archivierung der originalen Fotonegative, Farbdiapositive und Laufbildfilme schafft. Zum anderen ergreift es, was die Schwarzweiß-Negative betrifft, reproduktive Maßnahmen in Form der Umkopierung der Negative zu Positiven auf Silberfilm, welche in der Folge den Bestand hinsichtlich der enthaltenen Bildinformation auf lange Dauer sichern. Dies erfolgt seit nunmehr über zwanzig Jahren in all den Fällen, wo von den Fotografien Bildvorlagen für wissenschaftliche oder publizistische Zwecke, für Medienproduktionen oder Ausstellungen benötigt werden. Außerdem werden nach Möglichkeit auch solche Negative kopiert, die von besonderem Interesse sind und eventuell erste Schädigungen zeigen.

Die technische Durchführung erfolgt über das eigene Fotolabor, das nach wie vor vom Frobenius-Institut unterhalten wird. Peter Steigerwald, im Institut zuständig für die verschiedenen fotografischen und fotoarchivalischen Belange, hat sich bereits früh auf diese Arbeiten mit Silberfilm spezialisiert und kann sie auch in der heutigen Zeit weiter ausführen, wo sich nach der Durchsetzung der digitalen Technik das Angebot an den für die Ausführung benötigten Materialien und Gerätschaften deutlich reduziert hat. Anwendung findet das traditionelle Kontaktkopierverfahren, bei dem das Originalnegativ oder auch ein kompletter Filmbogen im direkten Kontakt („Schicht auf Schicht“) auf einen unbelichteten Silberemulsionsträger kopiert, mittels einer Belichtung sozusagen „durchgepaust“ wird, und bei dem folglich das resultierende Positiv immer in Originalgröße vorliegt. Von den verwendeten Filmmaterialien sind einzelne vorwiegend blauempfindlich, andere sind orthochromatisch bzw. panchromatisch sensibilisiert, was beim Kopieren von Negativen eine Rolle spielt, die bereits mit Vergilbungen behaftet sind. Sämtliche Kopierfilme verfügen über ein ausgezeichnetes Auflösungsvermögen und ergeben über eine speziell angepasste Entwicklung eine feine Abstufung der reproduzierten Helligkeitswerte („Grautöne“), selbst wenn das Originalnegativ einen großen Kontrastumfang aufweist. Beim Kopierprozess wird der Verlauf der Tonwertübertragung regelmäßig sensitometrisch kontrolliert und über die Erstellung von Kurvendiagrammen ausgewertet. Durch die Veränderung unterschiedlicher Parameter lässt sich die Übertragungskurve an das zu kopierende Negativ anpassen. Dabei wird besonders darauf geachtet, dass mit dem Erreichen einer weitgehend linearen Übertragung die Zeichnung in den Lichtern und in den Tiefen des Bildes erhalten bleibt. Im günstigsten Fall gelingt es, bei Negativen mit passendem Tonwertumfang über die Erzielung einer ansatzweise „reziproken“ bzw. inversen S-Kurve die Differenzierung in den kritischen Bereichen sogar etwas zu verbessern. Viele der auf diesem Weg erhaltenen Reproduktionen eignen sich in der Folge besser als Vorlagen für die Digitalisierung als die jeweiligen Originalnegative. Die Digitalisierung erfolgt in hoher Auflösung wahlweise per Scanner oder per Kamera. Um hohen Ansprüchen zu genügen, lassen sich die Interpositive auch „nass“ scannen, und dank der hohen Auflösung der Kopien können so selbst Glasplattennegative indirekt über einen Trommelscanner digitalisiert werden. Bei Bedarf dienen die Interpositive außerdem für die Herstellung neuer Arbeitsnegative (daher ursprünglich der Name), welche wiederum die Anfertigung von Ausstellungsvergrößerungen auf Silbergelatinepapier ermöglichen. Die Haltbarkeit der Filmpositive und Filmnegative wird durch eine, den Entwicklungsprozess abschließende Selentonung maßgeblich erhöht. In der Beurteilung von Fachleuten bemisst sie sich bei in dieser Weise auf Silberfilm ausgeführten Arbeiten und bei einer sachgerechten Archivierung nach Jahrhunderten.

Glasplattennegativ aus dem Bestand der Deutschen KolonialgesellschaftGlasnegativ aus dem Bestand der ehemaligen Deutschen Kolonialgesellschaft
 Mikrofiche Laserbelichtung auf FarbmikrofilmMikrofiche Laserbelichtung auf Farbmikrofilm
Koloniales Bildarchiv, Bild in der Datenbank der Uni-BibliothekKoloniales Bildarchiv, Bild in der Datenbank der Uni-Bibliothek

 

links: Exemplarische Bearbeitung eines Glasplattennegativs des Formats 13x18 cm mit extrem hohem Kontrastumfang (D-log = 0.55-3.90) aus dem Bildbestand der Deutschen Kolonialgesellschaft. Die historische Bildangabe lautet „Häuptlinge von Bornu“, die Aufnahme soll in Dikwa (Borno State, Nigeria) in der damaligen Kolonie Deutsch Kamerun entstanden sein und wird dem Hauptmann und Stationsleiter Ernst von Raben zugeschrieben. Die Sammlung befindet sich in der Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, das Bild hat die Nummer 014-3012-03. Links das Originalnegativ, rechts ein zu Demonstrationszwecken angefertigtes Interpositiv aus dem Jahr 2011.

Mitte: Ebenfalls im Jahr 2011 wurde dasselbe Negativ von der Universität Basel im Rahmen ihres mikrosave.ch®-Projekts digital reproduziert und zum Zweck der Langzeitarchivierung per Laserbelichtung auf dem damals noch produzierten Ilfochrome Micrographic® Farbmikrofilm des Herstellers ILFORD ausgegeben. Das Ergebnis ist hier zu sehen in einer kombinierten Version aus bildlicher sowie codierter Übertragung.

rechts: Wiedergabe der Fotografie in der betreffenden Datenbank der Goethe-Universität (Screenshot) in einer Abbildungsversion, die als Resultat aus einer Mengen-Mikroverfilmung hervorging.

 Nitrofilm-Negative und Interpositive von der Expedition 1915 an das Rote MeerNitrofilm-Negative und Interpositive von der Expedition 1915 an das Rote Meer

 

Auf dem Leuchttisch: drei Filmnegative der Größe 10x15 cm von Leo Frobenius‘ Expedition und geheimer Mission an das Rote Meer im Jahr 1915 (wahrscheinlich mit Aufnahmen des Fotografen Robert Türstig). Das Trägermaterial ist Cellulosenitrat, die Negative zeigen bereits starke Verfärbungen und andere Mängel. Rechts zu sehen sind drei 2017 im Zusammenhang mit einer Bildbestellung angefertigte Interpositive.

85 Jahre alte gerollte Kleinbildfilme mit Pappdöschen85 Jahre alte, gerollte Kleinbildfilme in Pappdöschen
Kontaktbogen-Interpositiv von altem 35mm-NitratfilmKontaktbogen-Interpositiv vom 35mm-Film Nr. 5
Kurvendiagramm zur Tonwertübertragung im selengetonten InterpositivKurvendiagramm zur Tonwertübertragung im selengetonten Interpositiv

 

links: ungeschnittene Kleinbildfilme der Expedition von 1932 (Fezzan, Libyen) in alten Filmdöschen aus Pappe.

Mitte: In Streifen geschnittener und auf eine Glasplatte montierter 35mm-Kleinbildfilm Nr. 5 der zehnten Expedition aus dem Jahr 1932 mit frühen Leica-Fotos, die überwiegend von Adolf Ellegard Jensen aufgenommen wurden. Der Film befand sich bis zum Zeitpunkt der Bearbeitung über 85 Jahre als nicht geschnittenes Filmröllchen im Archiv. Die Kontaktkopie des kompletten Films entstand 2018 (die Gegenüberstellung wurde im Workflow aus der Hand fotografiert).

rechts: Kurvendiagramm aus den sensitometrisch ermittelten Ergebniswerten des bei der Herstellung des Interpositivs mitkopierten Stufengraukeils. Es ermöglicht die Kontrolle der beim Kopieren erzielten Tonwertübertragung und gibt zugleich die Färbung des erhaltenen, selengetonten Interpositivs wieder (Rot steht für die Cyan-Dichte, Grün für die Magenta-Dichte, Blau für die Gelb-Dichte).

Bildmontage mit Expeditionsfotos von Karin Hissink und Hans Rhotert von 1934Bildmontage mit Expeditionsfotos von Karin Hissink und Hans Rhotert von 1934
Ausstellung mit Foto-Leuchtrahmen im Museum Giersch 2020Ausstellung mit Foto-Leuchtrahmen im Museum Giersch 2020

 

links: Karin Hissink, wie sie, aus dem Autofenster gelehnt, am 29.12.1934 in der Nähe der archäologischen Stätte Kilwa (heute Saudi-Arabien) Hans Rhotert mit ihrer Rolleiflex 6x6-Kamera anvisiert. Ihre Aufnahme (rechts in der Bildmontage) zeigt diesen, wie er gerade an seiner nagelneuen Zeiss Ikon Super Nettel 35mm-Kamera den eingelegten Film weiterdreht. Gelb umrandet ist ein Ausschnitt aus dem 35mm-Originalnegativ im Vergleich zum Interpositiv (grün) wiedergegeben, die Gesamtansichten sind jeweils von der Kopie abgeleitet.

rechts: Präsentation verschiedener Filmpositive, darunter auch die beiden Aufnahmen aus dem Beispiel links, in Leuchtbilderrahmen in der Ausstellung „Frobenius - Die Kunst des Forschens“ im Museum Giersch der Goethe-Universität (Frankfurt a.M., 2019), mit anhängenden Uhrmacherlupen für die Betrachtung der Fotos im Detail.

Fotowand mit Barytvergrößerungen im Martin-Gropius-Bau 2016Fotowand mit Barytvergrößerungen im Martin-Gropius-Bau 2016
Plakat zur Fotoausstellung im Valcamonica 2018Plakat zur Fotoausstellung im Valcamonica 2018
Foto der Djinger-ber-Moschee in Ausstellung des MET in New York 2020Foto der Djinger-ber-Moschee in Ausstellung des MET in New York 2020

 

links: Fotowand in der Ausstellung „Kunst der Vorzeit. Felsbilder aus der Sammlung Frobenius“ (Martin-Gropius-Bau, Berlin 2016). Alle hier zu sehenden 33 Vergrößerungen von Fotos aus verschiedenen Expeditionen zwischen 1928 und 1939 wurden jeweils mittels Verwendung eines eigens für diesen Zweck neu hergestellten Arbeitsnegativs auf Silbergelatine-Barytpapier angefertigt.

Mitte: Im Jahr 2017 wurden für ein von der UNESCO gefördertes Forschungsprojekt zu den Felsbildern des Valcamonica (Italien) fast 2000 Schwarzweiß-Negative der Formate 24x36 mm, 6x6 cm und 9x12 cm zu Interpositiven kopiert und letztere nachfolgend hochauflösend digitalisiert. Die Aufnahmen entstammen vier Forschungsreisen, die MitarbeiterInnen des Frobenius-Instituts während der Jahre 1935, 1936 und 1937 in die Region unternahmen. 2018 wurde an drei Orten des Valcamonica eine Auswahl dieser Bilder in einer Ausstellung präsentiert.

rechts: Die Djinger-ber-Moschee in Timbuktu (Mali) in einer Aufnahme aus der Zeit zwischen 1907 und 1909, vermutlich von Leo Frobenius selbst. Montage aus der digitalen Bildvorlage, die 2019 dem The Met Fifth Avenue für die Präsentation des Bildes in der Ausstellung „Sahel: Art and Empires on the Shores of the Sahara“ (New York, 2020) zur Verfügung gestellt wurde, und einem Screenshot aus dem Ausstellungs-Trailer auf YouTube. Das Originalfoto liegt in Form eines Glasnegativs der Größe 9x12 cm vor, die Ausarbeitung erfolgte über ein 2019 davon angefertigtes Filmpositiv.

( Peter Steigerwald )